11/09/2025 - Automotive

Text : Jorge S. B. Guerreiro         fotos : Ferrari

Ferrari 849 Testarossa

Kühne Schönheit

Maranello gräbt einen seiner heiligsten Namen aus, um sein neuestes Modell zu schmücken. Hinter der mythischen Bezeichnung, die eine ganze Generation von Synthwave- und Miami-Vice-Liebhabern zum Träumen gebracht hat, tritt die neue 849 Testarossa die Nachfolge der SF90 mit Schwung und Ehrgeiz an.

Text : Jorge S. B. Guerreiro         fotos : Ferrari

Ferrari 849 Testarossa

Kühne Schönheit

Maranello gräbt einen seiner heiligsten Namen aus, um sein neuestes Modell zu schmücken. Hinter der mythischen Bezeichnung, die eine ganze Generation von Synthwave- und Miami-Vice-Liebhabern zum Träumen gebracht hat, tritt die neue 849 Testarossa die Nachfolge der SF90 mit Schwung und Ehrgeiz an.

Longines World’s Best Racehorse

Am 9. September um Punkt 20:30 Uhr explodierte die Automobilwelt – wie bei jeder Vorstellung eines neuen Ferrari-Modells. Die sozialen Netzwerke gerieten in Aufruhr: Ferrari wagte es, seinem neuen Boliden den Namen Testarossa zu geben! Und viele riefen: „Aber sie sieht doch gar nicht aus wie die Testarossa von 1984?“ Nein, und das bestätigt auch Flavio Manzoni – die 849 Testarossa orientiert sich optisch überhaupt nicht an ihr. Hier gibt es keine breiten, gestreiften seitlichen Lufteinlässe. Wenn man in Maranello gewagt hat, diese mythische Bezeichnung wiederzubeleben, dann liegt das zunächst, so der Ferrari-Designchef, daran, dass das Rotlackieren der Zylinderköpfe schon immer ein Privileg für die leistungsstärksten Exemplare der Marke war. Ausserdem wurde dieser Name stets für Modelle verwendet, die in ästhetischer Hinsicht besonders disruptiv waren. Muss man daran erinnern, dass die Testarossa von 1984, deren sehr innovatives Design von Pininfarina stammte, ebenfalls absolut nichts von der berühmten 250 Testa Rossa von 1957 aus der Feder von Scaglietti übernahm – und ebenso wenig von der ersten dieses Namens, der 500 TR von 1956? Kommen wir zur Nomenklatur: Bei Ferrari haben sogar die Zahlen eine Bedeutung. Die 8 bezieht sich auf die acht Zylinder des Motors; die 49 auf den Hubraum pro Zylinder von 490 cm³.

Longines World’s Best Racehorse

... die Automobilwelt explodierte, wie bei jeder Vorstellung eines neuen Ferrari-Modells...

Einige Stunden nach diesen Aufregungen blicken wir mit klarem Kopf zurück auf diese Präsentation, die wir als exklusive Vorpremiere persönlich in Mailand verfolgen konnten. Die 849 Testarossa übernimmt die neue Designsprache, die mit der 12Cilindri begann und mit der F80 fortgesetzt wurde: ein schwarzes Band, das die Scheinwerfer verbindet, skulpturale Volumen, klare Linien, selbstbewusste Aggressivität, ausgeprägter Futurismus. Aber wirklich interessant wird sie durch ihre Fähigkeit, die Vergangenheit zu evozieren, ohne jemals in sentimentale Nostalgie zu verfallen. Ihre Gesamterscheinung greift stark die Ferrari-Langstreckenrennwagen der 70er Jahre auf, insbesondere die 512S und 512M. Man könnte auch Anklänge an die 308 oder 288 GTO erkennen, besonders an der schwarzen Kante ihrer Frontpartie. Das Verstörendste? Diese Scheinwerfer, die wie eingefroren wirken, gerade im Moment, bevor sie in die hochgeklappte Position schwenken. Das ist wohl das Nächste, was wir je an Pop-up-Scheinwerfern ohne Pop-up-Scheinwerfer erleben werden. Grosse Kunst der Andeutung. Am Heck übernimmt sie eine Architektur mit zwei Flügelelementen, die Twin Tail genannt werden – ebenfalls eine Anspielung auf die 512.

Longines World’s Best Racehorse

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Diese schönen Formen vergessen die Funktion nicht: Das Auto erzeugt insgesamt einen Abtrieb von 415 kg bei 250 km/h. Bemerkenswert ist das besondere Türdesign: Die Integration eines Kanals zur Luftführung in Richtung Motor erforderte monatelange Entwicklungsarbeit, da diese Form als unmöglich galt, aus einem einzigen Aluminiumblech zu pressen. Auf Drängen der Designabteilung und mit Hilfe externer Zulieferer gelang es Ferrari schliesslich, eine Lösung zu finden, um sie in Handarbeit zu fertigen.

Im Innenraum präsentiert sich die 849 Testarossa mit einem Cockpit als echtem Kokon um den Fahrer, mit einer Mittelkonsole, die im Innenraum zu schweben scheint – samt dem berühmten schwebenden Gangwahlhebel. Und nachdem Ferrari die Touchpads ausprobiert hatte, kehrt man zurück: Die physischen Tasten feiern ihr grosses Comeback am Lenkrad, einschliesslich des ikonischen Startknopfs. Halleluja.

Longines World’s Best Racehorse

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Unter der Haube grenzt die Raffinesse an Wahnsinn. Das Plug-in-Hybrid-System (PHEV) verfügt über einen V8-Biturbo mit 4 Litern, der nun 830 PS leistet – unter anderem dank des grössten Turboladers, der je in einem Ferrari-Serienmodell verbaut wurde. Drei Elektromotoren unterstützen ihn: zwei vorne und einer hinten, direkt inspiriert von der F1. Ergebnis: 1'050 PS insgesamt bei einem Drehmoment von 842 Nm. Bezogen auf das geringe Gewicht von 1'570 kg ergibt sich ein phänomenales Leistungsgewicht von 1,5 kg pro PS.

Das Faszinierendste? Diese Teufelin kann sich in ein lautloses elektrisches Lamm verwandeln – für 25 Kilometer, angetrieben ausschliesslich von den vorderen Motoren. Ein köstliches und nützliches Paradox in der Stadt (oder wenn man die Nachbarn nicht wecken will, wenn man von einer späten Ausfahrt zurückkehrt). Die Leistungsdaten gehören zur reinen mechanischen Pornografie: 2,25 Sekunden von 0 auf 100 km/h – die Beschleunigung eines modernen F1-Wagens – während der Sprint von 0 auf 200 km/h in 6,35 Sekunden erledigt ist.

Longines World’s Best Racehorse

Kommen wir zum Fahren: Ferrari präsentiert ein neues System namens FIVE (für Ferrari Integrated Vehicle Estimator). Basierend auf einem Algorithmus, der mit Echtzeitdaten gespeist wird, kann es dem Fahrer helfen, indem es das Verhalten des Autos antizipiert. Es ist gekoppelt mit dem e4WD-System für Torque Vectoring, das die beiden an die Vorderräder gekoppelten Elektromotoren nutzt, um beim Einlenken zu unterstützen, zusammen mit einem neuen ABS mit 6 Sensoren und vergrösserten sowie verbesserten Bremsen. Genug, um der 849 Testarossa eine Rundenzeit von 1'17''5 auf der hauseigenen Teststrecke von Fiorano zu ermöglichen – eine Zeit, die die SF90, die keineswegs langsam war, um 1,5 Sekunden hinter sich lässt.

Drei Autos oder nichts: Mit der Strategie, die mit der 12Cilindri begann, präsentiert Ferrari von Anfang an die Versionen Coupé und Spider. Dazu kommt eine dritte: Das Assetto-Fiorano-Paket besteht nun nicht mehr nur aus einer Verbesserung des Fahrwerks. Es ist jetzt auch äusserlich erkennbar, da die Twin Tails durch zwei echte Flügel ersetzt werden, die dem XX-Programm entlehnt sind.

Kommen wir zu den schnöden materiellen Dingen: Der Schweizer Preis wurde noch nicht bekannt gegeben, aber rechnen Sie mit € 460'000 für das Coupé, € 500'000 für den Spider und € 52'500 zusätzlich für das Assetto-Fiorano-Paket. Die ersten Auslieferungen sind für das zweite Quartal 2026 für das Coupé und das dritte für den Spider geplant.

www.ferrari.com

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