01/12/2022 - Lifestyle

Text : Maurice Otto                fotos : Maurice Otto, Marco & Lisa

DESERT DREAM

Aufsatteln zu einem Roadtrip durch Marokko

Angefangen hat Alles mit einem „Hey, Marco, was schaust Du da?“ Die lapidare Antwort: „Dakar! Die Rallye hatte gerade in Saudi-Arabien begonnen und wir tagträumten, wie es wohl wäre, wenn wir auf Enduros durch endlose Wüsten führen, fernab jeder Zivilisation, nur auf uns allein gestellt.

Text : Maurice Otto                fotos : Maurice Otto, Marco & Lisa

DESERT DREAM

Aufsatteln zu einem Roadtrip durch Marokko

Angefangen hat Alles mit einem „Hey, Marco, was schaust Du da?“ Die lapidare Antwort: „Dakar! Die Rallye hatte gerade in Saudi-Arabien begonnen und wir tagträumten, wie es wohl wäre, wenn wir auf Enduros durch endlose Wüsten führen, fernab jeder Zivilisation, nur auf uns allein gestellt.

Longines World’s Best Racehorse

Warum sollte dies eine Illusion bleiben, fragten wir uns, wo doch Marco bereits elfmal u.a. mit seiner Yamaha XT 600 Z Afrika, aber vor allem Marokko bereist hatte. Seine facettenreichen, Reiseeindrücke aus dem Maghreb und sein unerschöpfliches Fachwissen über Federwege, Gewicht, Gepäcksysteme, Tankvolumen, Reparaturfreundlichkeit und Belastbarkeit von Enduro-Maschinen unter extremen Bedingungen hatten mich mit dem Offroad-Fieber infiziert.

Also erwarb ich mehr zufällig als geplant eine Yamaha Ténére, die schon bessere Tage gesehen hatte und nicht mehr fahrbereit war. Ich begann zu reparieren und war vermutlich einer der Wenigen, die den covidbedingten Lockdown begrüßten, bescherte er mir doch die Zeit, die ich zur Instandsetzung meines „Scheunenfunds“ brauchte. Als die Ténére wieder lief und ich die ersten Offroad Trainingsrunden absolviert hatte, konnte das Marokko-Abenteuer beginnen. Mit meiner Ténére schloss ich mich daher Marco und seiner Partnerin Lisa auf deren Marokkoreise an. Marco fuhr auf einer KTM 690 Adventure, Lisa auf einer ihrer Körpergröße angepassten KTM 400.

Um möglichst wenig Zeit für die Anreise aufwenden zu müssen und mehr Tage in Marokko verbringen zu können, hatten wir vorher unsere Maschinen nach Malaga bringen lassen. Von dort fuhren wir via Autobahn zum spanischen Fährhafen Motril und setzen in 7 Stunden nach Mellina über.

Frühes Aufstehen war am nächsten Morgen angesagt. Wir saßen bereits um 5 Uhr im Sattel, um die Ersten am Spanisch-Marokkanischen Zoll zu sein. Die Formalitäten waren schnell erledigt, bereits um 6:30 rollten wir über marokkanischen Asphalt.

Longines World’s Best Racehorse

... wir tagträumten, wie es wohl wäre, wenn wir auf Enduros durch endlose Wüsten führen, fernab jeder Zivilisation, nur auf uns allein gestellt....

Dann jedoch der erste ungeplante Stop! Marcos Maschine, bzw. deren Getriebe verweigerte den Gangwechsel. Kein Wunder, die Kupplungsflüssigkeit hatte sich durch eine Undichtigkeit im Kreislauf verflüchtigt. Das Leck konnte geschlossen werden und mit neuer Kupplungsflüssigkeit setzen wir unsere Fahrt über die Hügel einer kargen Landschaft und durch kleine Dörfer zu unserem Ziel, Midelt, fort.

Das Offroad Adventure begann am nächsten Tag im Atlas Gebirge. Die Asphaltstrasse endete und eine Piste begann, die sich über endlose Hochplateaus zog und deren Ende irgendwo hinter dem Horizont zu liegen schien. Die Fahrt ging entlang an schroffen, hochaufragenden Bergformationen. Wir trafen auf Hirten mit ihren Schafsherden oder fuhren an Eselskarren vorbei.

Longines World’s Best Racehorse

Longines World’s Best Racehorse

Tief beeindruckend waren die beiden nächsten Stationen. Die Todra Schlucht, durch die sich ein kleiner Fluss seinen Weg gebahnt hat, ist an ihrer engsten Stelle nur 15 Meter breit. Rechts und links ragen Felswände 300 Meter so steil hoch, dass, wie uns ein Einheimischer treffend sagte, man den Eindruck habe, die Himmelstüren seien vor einem geschlossen worden. Über die kurvenreiche Strasse des touristischen Dadestal zu fahren, wo wir übernachteten, war für uns als Motorradfahrer besonders reizvoll.

Die wirkliche Offroad-Herausforderung begann auf der nächsten Etappe nach Talioine. Holprige Schotterstrassen durch das Anti-Atlasgebirge strapazierten Mensch und Maschine. Dafür wurde uns bewusst, nun sind wir im Herzen Marokkos angekommen - in einer archaischen Landschaft mit kleinen Dörfern, gastfreundlichen Menschen, die angelockt von der Soundkulisse unserer Enduros, vor ihre Häuser traten. Kinder begrüßten uns mit High Five und hatten ihre Freude beim Abklatschen.

Wir setzten unsere Fahrt fort, sahen wunderbare Oasenlandschaften, durchquerten Flüsse, durchfuhren Hochebenen, bis wir dorthin gelangten, wo das teuerste Gewürz der Welt gewonnen wird: Safran. Der hohe Preis erklärt sich schnell: das Vorkommen ist gering, die Ernte Handarbeit, denn nur so lassen sich die roten Fäden vom Safrankrokus trennen.

Unsere Tour führte uns weiter via Aguinane nach Foum Zguid. Nun wurden die Pisten denen der Sahara ähnlicher. Die Landschaft wurde flacher und Steinwüste immer häufiger. Marcos Maschine quittierte die wachsende Beanspruchung mit einem Ausfall der Lüfter für die Wasserkühlung. Also erneut ungeplanter Stop zur Abkühlung, die allerdings nicht ausreichte. 10 Kilometer vor unserem Ziel überhitzte die Maschine erneut wegen eines undichten Wasserschlauchs. Auch dieser Defekt war reparabel.

Weiter ging es nach Mhamid: die Königsetappe und so, wie ich es mir gewünscht habe. Offroad über loses Gestein, schnelle Fahrt über die harte Oberfläche des Salzsees Lac Iriki unter den wachsamen Blicken wilder Kamele. Dann der Härtetest: Ritt mit der Ténére durch das Erg Chegaga, eine 150 Quadratkilometer große Sandwüste. Ein Dünenfeld, das zu befahren höchsten Einsatz und fahrerisches Können erfordert. Das Zusammenspiel zwischen Lenkmanövern, Gewichtsverlagerung und Geschwindigkeit gelang mir nicht immer. Mehrmals sah ich den Sand von ganz nah...

Longines World’s Best Racehorse

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Die weitere Etappen, notiert in unserem Roadbook waren :

...

Mhamid - Zagora

Eine kurze und schnelle Strecke, an deren Ende viel Zeit blieb, um sich Zagora anzusehen und natürlich das berühmte Schild „52 Tage bis Timbuktu“.

Zagora - Ouzina

Auf dieser Route entlang der Grenze zu Algerien spürten wir die ersten Ermüdungserscheinungen. Steinpisten, teils vom Sand zugeweht waren kraftraubend. Komfortable Streckenabschnitte, mit 80 km/h zu befahren, wechselten ab mit mühsamen Durchquerungen riesiger Vulkankrater. Der Beduinenfamilie sind wir heute noch dankbar, die uns anhielt, uns Tee anbot und zuließ, dass wir uns im Schatten etwas erholen konnten. Um Ouzina zu erreichen, mussten wir noch die Bad Dunes überwinden. Von Einheimischen verständlicherweise gemieden, da sie aus sehr feinem Sand bestehen, der beim Befahren ungeheure Staubwolken entwickelt. Gerade da fiel mir die Kette vom hinteren Kettenblatt. Sie wieder aufzulegen, war in der prallen Sonne und in vollständiger Motorradmontur eine Qual.

Ouzina - Merzouga

Diesen Streckenabschnitt werde ich nie vergessen. Es war nicht nur die letzte richtige Offroad Etappe, sondern mit einem Erlebnis der sehr besonderen Art verbunden. Nicht nur die klimatischen Bedingungen waren an diesem Tag extrem. Mitten in der Tour erlitt meine Ténére das, was wir für einen Totalschaden hielten. Das Motoröl hatte sich so stark erhitzt, dass sogar der Öl-Messstab geschmolzen war und sich seine Einzelteile vermutlich im Motor verteilt hatten. Die Maschine war nicht mehr zum Leben zu erwecken. Wir entschieden, ich und das Motorrad bleiben mit einem halben Liter Wasser an Ort und Stelle, die anderen fahren in das 40 km entfernte Rissani, um Hilfe zu holen. Das war um 13 Uhr. Als sie nach 5 Stunden noch nicht zurückgekehrt waren, begann ich mit gemischten Gefühlen eine Übernachtung in der Wüste unter freiem Himmel vorzubereiten.

Dazu wäre es gekommen, wäre nicht zufällig ein marokkanischer Bergbauarbeiter mit seinem Toyota Landcruiser auf dem Weg zur Arbeit vorbeigekommen, der mich mitnahm. Nach etlichem Hin und Her, babylonischem Sprachgewirr und erfolgreicher Suche nach einem Standort für ausreichenden Mobilfunkempfang, konnte die Situation geklärt werden. Wir fuhren zu meinem Motorrad zurück, wo wir zeitgleich mit der Pannenhilfe eintrafen. Nach 7 trockenen Stunden in der Wüste bot mir der Pannenhelfer ein eiskaltes Bier an; es war da beste, das ich je getrunken habe an jenem abenteuerlichen Tag, an dem ich meinen 25igsten Geburtstag feierte...

Longines World’s Best Racehorse

Der Pausentag in Merzouga stand ganz im Zeichen der Instandsetzung meiner Maschine. Ich ließ pechschwarzes Öl ab, befreite alle Filter von den Ölstab-Überresten und ersetzte ein defektes Kabel. Die Ténére sprang daraufhin prompt an und fuhr zuverlässig weitere 1000 km. Merzouga, am Rand der Erg Chebbi war für uns nach Tagen in der Wüste der Wiedereintritt in die Zivilisation. Von dort haben wir unsere ganz eigene „Grande Boucle“ wieder geschlossen, indem wir Kurs auf Midelt nahmen. Dann ging es weiter nach Fes durch lichte Zedernwälder, offenkundig das Zuhause zahlreicher Berber Affen. Fes, eine von vier Königsstädten, ist eine Reise wert: die Medina, ein riesiger Souk mit 9000 Gassen, darin zahlreiche Kleingewerbe, in denen noch Handarbeit dominiert, ist überwältigend und überflutet alle Sinne.

Das Ende der Reise ist rasch erzählt. Es folgte noch ein Aufenthalt in Chefchaouen, der „Blauen Stadt“. Am nächsten Tag rollten wir nach Tanger zur Fähre nach Algeciras. Blicke ich zurück auf diese Reise so war sie die Begegnung mit einem faszinierenden Land und seiner überwältigenden Landschaft. Ich traf die gastfreundlichsten Menschen, die immer hilfsbereit und zugewandt waren und uns ohne Zögern halfen, wenn es nötig war. Marokko mit dem Motorrad zu bereisen ist vielleicht nicht Jedermanns Sache, aber bestimmt die direkte Art Land und Leuten, ihrer Kultur und ihren Traditionen näherzukommen. Ich kann es nur empfehlen.

Würde ich beim nächsten Mal etwas anders machen? Bestimmt! Ich würde nicht freiwillig in der Wüste zurückbleiben wollen, mich unter einen Busch setzten mit nur einem halben Liter Wasser.

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